Geld zum Wohle aller - Teil 4: Gradido - Natürliche Ökonomie des Lebens
Ein Weg zu weltweitem Wohlstand und Frieden in Harmonie mit der Natur? Der Gradido ist eine neue Währung und der Name leitet sich aus Gratitude und Dignity, also den englischen Wörtern für Dankbarkeit und Würde, ab.
In meinen bisherigen Artikeln in früheren Ausgaben des Ja-Magazins habe ich Ihnen aufgezeigt, wie unser heutiges Schuldgeld- und Wirtschaftssystem immer mehr an seine Grenzen stößt. Wie ein durch unkontrollierte Geldschöpfung gepushtes Geldmengenwachstum zu immer größerem Reichtum in den Händen von Wenigen und zu immer mehr Schulden und Armut der breiten Massen und der Regionalstaaten selbst führt. Und wie der daraus daraus resultierende Wachstumsdruck uns an die Grenzen der Belastbarkeit des Ökosystems des gesamten Planeten geführt hat.
In der vorigen Ausgabe habe ich Ihnen mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen ein Konzept vorgestellt, wie die Verteilungsungerechtigkeit unseres Wirtschaftssystems und die damit einhergehenden sozialen Probleme entschärft werden könnten.
Im Folgenden möchte ich einen Schritt weiter gehen und Ihnen ein Modell vorstellen, das die Idee des Grundeinkommens mit meinem neuen Geldsystem verbindet: Gradido – die natürliche Ökonomie des Lebens.
Entwickelt wurde das Modell vom Deutschen Bernd Hückstädt.
Bernd Hückstädt ist kein Ökonom, sondern studierte Musik, Nachrichtentechnik und Mathematik. Er bezeichnet sich selbst als Querdenker, Mathematiker, Musiker und Herzensmensch. Aus seiner langjährigen gedanklichen Auseinandersetzung mit den extremen Unterschieden zwischen arm und reich entwickelte er seine Ideen für eine „Natürliche Ökonomie des Lebens“.
Der Gradido in seinem System ist eine neue Währung. Der Name leitet sich aus Gratitude und Dignity, also den englischen Wörtern für Dankbarkeit und Würde, ab. Anfänglich ist diese Währung als rein elektronische Währung vorgesehen. Im aktuellen Denkmodell entspricht ihr Wert dem des Euro und sie könnte parallel zum Euro oder jeglichen anderen Währungen eingeführt werden.
Tausend Dank, weil du bei uns bist
Der Staat schöpft für jeden seiner Bürger jeden Monat 3 mal 1.000 Gradido. Jeder Bürger hat das Recht auf ein Aktives Grundeinkommen von 1.000 Gradido. Der Staat, also die Gemeinschaft aller Bürger, sagt jedem einzelnen Menschen: „Tausend Dank, weil du bei uns bist.“ Das Grundeinkommen von 1.000 Gradido deckt die Lebenshaltungskosten und ermöglicht jedem Menschen ein würdiges Leben.
Im Unterschied zum Bedingungslosen Grundeinkommen garantiert dieses Aktive Grundeinkommen bedingungslose Teilhabe an der Gemeinschaft. Jeder hat das Recht – nicht die Pflicht – zur bedingungslosen Teilhabe, also das Recht, seinem Wesen, seinen Vorlieben und seinen Fähigkeiten entsprechend zum Gemeinwohl beizutragen. Bezahlt werden 20 Gradido pro Stunde. Jeder darf 50 Stunden bezahlten Gemeinschaftsdienst im Monat leisten und damit seine 1.000 Gradido als Dank verdienen.
Arbeitslosigkeit kann es damit nicht mehr geben
Will jemand keinen Gemeinschaftsdienst leisten und sein Geld ausschließlich in seinem Beruf verdienen, ist er frei, das zu tun. Kinder können sich spielerisch einbringen und erfahren so von klein auf eine Wertschätzung für ihre Fähigkeiten und Talente. Menschen, die nicht mehr arbeitsfähig sind, erhalten ein bedingungsloses Grundeinkommen.
Ähnlich wie in der heute geführten Vollgeld-Diskussion obliegt die Geldschöpfung im Gradido-System wieder ausschließlich dem Staate, ohne dabei Schulden bei übergeordneten Institutionen zu generieren. Es ist wichtig zu verstehen, dass Geldschöpfung nichts weiter ist als das Erzeugen von Zahlen im Computer. Das Geld entsteht aus dem Nichts (siehe auch Fiat-Money-System). Im Gradido-System haben diese Möglichkeit nicht mehr private Banken, sondern ausschließlich der Staat.
Vom Schuldgeldsystem zur Dreifachen Geldschöpfung
Das Geld wird nicht mehr durch Schulden geschöpft, sondern durch das Leben selbst. Für jeden Staatsbürger (für jedes Menschenleben) werden jeden Monat 3.000 Gradido geschöpft. Ein Drittel davon wird für das Grundeinkommen der Bürger verwendet, das zweite Drittel für den Staatshaushalt eines Landes, proportional zur Anzahl seiner Bürger und das dritte Drittel für einen Ausgleichsund Umwelt-Fonds zur Sanierung von Umweltschäden aus Altlasten. Hückstädt nennt dies die Dreifache Geldschöpfung, die damit dem Dreifachen Wohl dient: Dem Wohle des Einzelnen (Grundeinkommen), dem Wohle der Gemeinschaft Staatshaushalt) und dem Wohle des Großen Ganzen (Umwelt und Natur).
Gleich wie jedem einzelnen Bürger fließen also auch dem Staatshaushalt 1.000 Gradido pro Einwohner und Monat zu. Ohne Steuern eintreiben zu müssen, steht damit dem Staat ein Haushalt in einer Größenordnung zur Verfügung, die zurzeit in Mitteleuropa üblich ist – einschließlich Gesundheits- und Sozialwesen. Da Mitteleuropa den höchsten Lebensstandard weltweit aufweist, dient es im Modell als Maßstab, um zu definieren, was quantitativ als Wohlstand gilt.
Staatshaushalt ohne Schulden
Durch den Wegfall von Steuern und Abgaben ist wesentlich weniger staatliche Kontrolle und Bürokratie notwendig. Da der Staatshaushalt ohne Schulden finanziert wird, entfallen auch sämtliche Kosten, die im heutigen System für Schuldzinsen aufgebracht werden müssen und in den meisten Staaten bereits den größten Budgetposten überhaupt darstellen. Die dritte Geldschöpfung ist für die Sanierung und Bewahrung der Umwelt vorgesehen. Der Umwelthaushalt ist damit hoch wie der Staatshaushalt selbst. Er hat die Aufgabe, die ökonomischen und ökologischen Altlasten so gut wie möglich zu beseitigen und in Zukunft die Natur und Umwelt nachhaltig zu schützen. Das wäre der größte Umwelt-Topf in der Geschichte der Menschheit. Umweltschutz und Umweltsanierung würden zu den lukrativsten Wirtschaftszweigen.
Somit werden in der Dreifachen Geldschöpfung auch die finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt, um wieder in Einklang mit der Natur zu kommen. Das kann allerdings nur funktionieren, wenn in dieses Geld- und Wirtschaftsmodell ein weiteres wichtiges Naturgesetz eingebaut wird: der Kreislauf von Werden und Vergehen.
Von exponentiellem Wachstum zu natürlichem Werden und Vergehen
Dieser Kreislauf von Werden und Vergehen wird in den Gradido aktiv eingebaut. Zur dreifachen Geldschöpfung auf der einen Seite kommt eine Vergänglichkeit von 5% pro Monat auf der anderen Seite. Wer am Anfang eines Jahres 100 Gradido auf seinem Konto hat, dem würden jeden Monat 5% abgezogen, sodass am Ende des Jahres noch rund 50 Gradido übrig blieben. Nach dem Vorbild der Natur ist Gradido dadurch ein sich selbst regulierendes System, das die Geldmenge pro Person konstant hält. Die durchschnittliche Geldmenge pro Kopf der Bevölkerung würde sich demnach bei ca. 60.000 Gradido einpendeln. Denn wenn 60.000 Gradido pro Bürger im Umlauf sind, führt die Vergänglichkeit von 5% zum Verschwinden von 3.000 Gradido pro Einwohner und Monat, die auf der anderen Seite wieder durch die dreifache Geldschöpfung entstehen.
Dieses Prinzip hat sich Hückstädt von der Natur abgeschaut
Denn der Natur gelingt, wovon Ökonomen nur träumen können: Ewiges Wachstum auf begrenztem Raum durch die Verbindung des ewigen Werdens mit dem ewigen Vergehen, durch die Verbindung von Leben und Tod. Nur wir Menschen sind auf die wahnwitzige Idee gekommen, uns diesem Naturgesetz entziehen zu wollen und ein Geldsystem zu entwickeln, das durch unkontrollierte Geldschöpfung verbunden mit Zins und Zinseszins zu exponentiellem Wachstum der Geldmenge führt. Bis der Wahnsinn sich dann schließlich wieder mit Gewalt reguliert: durch Hyperinflationen, Wirtschaftskrisen, Crash, Kriege oder Naturkatastrophen. Im Gradidosystem wird durch die Vergänglichkeit der Währung eine sanfte, geplante und vorhersehbare Regulierung eingebaut. Dies ist ebenso eine Grenze für die übertriebene Hortung von Geld, wie wir sie heute in unserer Gesellschaft sehen, in der die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander geht.
Von Geldhortung zu einem revolutionären Kreditsystem
Natürlich wird es auch in diesem System Ärmere und Reichere geben. Menschen, die vom Grundeinkommen leben, auf der einen Seite und besonders fleißige, talentierte oder geschäftstüchtige Menschen auf der anderen Seite. Übertriebene Geldhortung bei einer Vergänglichkeit von 5% pro Monat macht maber keinen Sinn mehr. Wer überschüssige Mittel hat, wird versuchen, diese jemandem, der gerade Geld braucht als Kredit zu leihen. Dieser Kredit wird voraussichtlich zinsfrei sein oder sogar negative Zinsen haben, da der Kreditgeber ja die Vergänglichkeit seiner Guthaben oder Ersparnisse vermeidet, wenn er sie jemandem anderen für dessen Finanzbedarf zur Verfügung stellt und nach einem vereinbarten Zeitraum den vollen Betrag wieder zurück erhält.
Eine neue Rolle für die Banken?
Neue Banken könnten dabei in der Vermittlung zwischen Sparern und Kreditnehmern eine völlig neue Rolle spielen. Im Gegensatz zu heute würden sie aber nur vorhandenes Geld vermitteln und nicht durch Kreditvergabe neues Geld schöpfen. Auch das Problem, dass die Wirtschaft nicht mit ausreichenden Mitteln bzw. Krediten für Investitionen, Forschung, Entwicklung, Neuproduktionen, Firmengründungen und vielem mehr versorgt wird, wäre wohl behoben. Während heute auf der einen Seite Unmengen von Geld gehortet werden, darbt auf der anderen Seite die Wirtschaft und jammert über Kreditklemmen durch die restriktive Kreditpolitik der Banken. Im Gradidosystem haben Wirtschaft und Private durch die Vermeidung der Geldhortung leichten Zugang zu (billigen) Krediten. Dies schaff t Raum für Unternehmertum und Kreativität und verringert auch das Kreditrisiko, da Finanzierungskosten sinken.
Ein System mit vielen Vorteilen
Ich hoffe, dass ich damit die wichtigsten Aspekte dieses kreativen Konzeptes erläutern konnte. Mir ist klar, dass Ihnen sofort etliche Fragen und Einwände einfallen werden. Doch Hückstädt gelingt es in seinem Buch fast alle Fragen mit bestechender Logik zu beantworten. So widmet er ein großes Kapitel dem Thema: „Die 100 wichtigsten Vorteile“. Neben den bereits genannten seien hier noch ein paar weitere Vorteile des Modells aufgelistet:
- Entlastung nachfolgender Generationen
- Geringe Lohnkosten
- Sanierung der Staatsfinanzen
- Geringere Kriminalität
- Kein Konsumzwang
- Stufenweise Einführung des neuen Systems, parallel zum bestehenden System möglich
- Auch Papiergeld ist möglich
- Frieden
Natürlich ist Gradido ein sehr idealistisches Modell. Und natürlich klingt es im ersten Moment zu schön um wahr bzw. möglich zu sein. Andererseits besticht es auch durch seine Einfachheit und Logik. Hückstädt nimmt auch nicht für sich in Anspruch, dass sein Modell nicht noch verbesserungsfähig ist und ruft zur aktiven Mitarbeit auf
Die ideale Gemeinwohlwährung
Möglicherweise ist Gradido auch der Missing Link zwischen Gemeinwohlökonomie und ethischen Banken und die ideale „Gemeinwohlwährung“. Egal wie realistisch jemand dieses Modell hält – eines ist sicher, es bietet eine Vielzahl kreativer, neuer Denkansätze, Ideen und Lösungsvorschläge und es zeigt ganz klar:
Es gibt Alternativen zu unserem heutigen Wirtschafts- und Geldsystem mit seinen verheerenden Nebenwirkungen. Wir müssen nur einen Schritt zur Seite machen und neu denken. Denn wir leben in demokratischen Staaten und können uns in demokratischen Prozessen neue Regeln schaff en, wenn uns die alten Regeln nicht mehr dienlich sind. Zum Wohle aller.
Tipp:
Weitere Informationen finden Sie unter www.gradido.net
Das E-Book wird gratis zum Download zur Verfügung gestellt.
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Geld zum Wohle aller - Teil 4: Gradido - Natürliche Ökonomie des Lebens