Geld zum Wohle aller - Teil 5:
Griechenland und kein Ende
In meinen bisherigen Artikeln in früheren Ausgaben des Ja-Magazins habe ich Ihnen aufgezeigt, wie unser heutiges Schuldgeld- und Wirtschaftssystem immer mehr an seine Grenzen stößt. Wie ein durch unkontrollierte Geldschöpfung gepushtes Geldmengenwachstum zu immer größerem Reichtum in den Händen von Wenigen und zu immer höherer Verschuldung und Armut der Regionalstaaten selbst und ihrer Bürger führt. Die Situation in Griechenland veranschaulicht diese Zusammenhänge und die daraus entstehenden Probleme auf besonders dramatische Weise. Lassen Sie uns deshalb einen Blick hinter die Kulissen dieses griechischen Dramas werfen.
Mit 1.1.2001 tritt Griechenland der Eurozone bei und ersetzt damit die relativ schwache Währung der griechischen Drachme, die bis dahin immer wieder gegen andere Währungen Europas abgewertet worden war, durch den Euro.
Der Staatshaushalt Griechenlands weist bereits zu dieser Zeit ein hohes jährliches Defizit aus, das den in der EU vereinbarten Grenzwert von 3% des BIP (Bruttoinlandsprodukt = Summe aller Leistungen innerhalb eines Staates), seit vielen Jahren deutlich überschreitet. Der griechische Staat gibt also so wie viele andere Länder auch, laufend mehr aus, als er einnimmt. Dies jedoch in einem überdurchschnittlich hohen Maße. Dadurch liegt auch der Schuldenstand Griechenlands schon bei Eintritt in die Eurozone bei 105 % des BIP (der Schuldenstand ist also bereits höher als die gesamte Wirtschaftsleistung Griechenlands eines Jahres). Er liegt damit deutlich über dem vorgesehenen Grenzwert von 60% und steigt auch in den Folgejahren kontinuierlich weiter an.
Bereits ab 2004 tauchen zudem die ersten Berichte auf, dass die bekanntgegeben Zahlen Griechenlands darüber hinaus auch noch verfälscht sind. 2010 wird schließlich bekannt, dass US Banken wie Goldman Sachs und JP Morgan Griechenland seit den Beitrittsverhandlungen in die Eurozone und über die ganzen Jahre danach dabei geholfen haben, das wahre Ausmaß seiner Staatsverschuldung zu verschleiern und zu beschönigen.
Wahrer Schuldenberg kristallisiert sich heraus
Nach und nach kristallisiert sich heraus, dass Griechenland auf einem Schuldenberg von über 400 Mrd. Euro sitzt, was rund 160% des BIP Griechenlands entspricht. Zudem befindet sich das Land in einer Rezession, die die Wirtschaftsleistung noch weiter sinken lässt. Im April 2010 verdichten sich die Anzeichen, dass es der Regierung nicht gelingen wird, fällige Kredite zurückzuzahlen. Um einen Staatsbankrott zu vermeiden, beantragt Griechenland am 23.4.2010 erstmals offiziell Hilfe von der EU. EU, EZB (Europäische Zentralbank) und IWF (Internationaler Währungsfonds – in etwa so etwas wie eine Welt-Zentralbank) – später als Troika bekannt – einigen sich am 1. Mai 2010 mit der griechischen Regierung auf ein finanzielles Hilfsprogramm im Umfang von insgesamt 110 Mrd. Euro unter der Auflage, dass Griechenland rigorose Sparmaßnahmen umsetzen muss. Bis 2014 folgt ein weiteres Hilfspaket und fünf (!) weitere Sparpakete, die den griechischen Regierungen – die in diesen Jahren laufend wechseln – und vor allem auch der griechischen Bevölkerung – auferlegt werden.
Ursachenforschung
Wo sind nun die wichtigsten Ursachen dafür zu suchen, dass es so weit kommen konnte? Etwas flapsig könnte man sagen: „Eben dadurch, dass Griechenland jährlich mehr ausgibt, als es einnimmt.“ Das stimmt natürlich, gilt aber für fast alle Staaten dieser Welt und ist bis zu einem gewissen Grad wirtschaftspolitisch auch erwünscht und sinnvoll. Die jährlichen Defizite sollten allerdings durch Wirtschaftswachstum und Inflation wieder ausgeglichen und so das Schuldenniveau trotzdem auf einem stabilen Maß gehalten werden. Die EU hat dieses Maß eben mit 60% des BIP definiert. Die Praxis zeigt jedoch, dass es nur sehr selten gelingt, dieses wackelige Gleichgewicht aufrecht zu erhalten. Schon kleinere Störfaktoren auf politischer oder wirtschaftlicher Ebene führen meist schnell zu einem Überschießen der Verschuldung.
In Griechenland kamen jedenfalls folgende Faktoren dazu:
- Eine schlechte Ausgangslage schon bei der Einführung des Euros – wie oben beschrieben.
- Eine überdurchschnittlich expansive Haushaltspolitik. Das heißt, die Ausgaben wurden laufend erhöht, ohne damit wirklich sinnvolle Investitionen z.B. in die Infrastruktur des Landes zu tätigen. Löhne und Sozialleistungen wurden stetig erhöht – man ließ es sich sozusagen gut gehen, auf Pump.
- Ein überdimensionierter und ineffizienter Staatsapparat mit zu vielen Beamten, zu wenigen Kontrollen und sehr viel Korruption. Einnahmenseitig wurden einerseits sogar Steuern gesenkt und es herrscht andererseits ein völlig ineffizientes Steuersystem. Die Schattenwirtschaft wird auf 40% geschätzt. Die reiche Elite der griechischen Bevölkerung entzieht sich ihrer Steuerplicht anscheinend fast zur Gänze durch Wohnsitze in Steueroasen und ähnlichen Tricks.
- Das Fass zum Überlaufen brachte schließlich jedoch die von Amerika ausgehende internationale Finanzkrise von 2007, die weltweit viele Banken ins Wanken brachte. Wie in vielen anderen Ländern rettete auch der griechische Staat viele seiner Banken, indem er ihre Kreditrisiken übernahm. Dadurch wurde die Bonität Griechenlands nochmals weiter geschwächt. Das führte zu höheren Zinsen für neue Kredite, dies wiederum zu noch schnellerem Anstieg der Schulden, zu noch schlechterer Bonität und dadurch zu noch höheren Zinsen – die Schuldenspirale begann, sich immer schneller zu drehen.
Ist Griechenland nun gerettet?
Heute – rund 5 Jahre nach dem ofensichtlichen Ausbruch der Krise – lassen sich die Auswirkungen der Hilfs- und Sparmaßnahmen wie folgt beschreiben: Die Wirtschaftsleistung Griechenlands (BIP) ist um mehr als 25% zurückgegangen. Der Schuldenstand im Verhältnis zum BIP ist deshalb trotz Einsparungsmaßnahmen und trotz Schuldenerlässen auf 175% gestiegen. Löhne und Renten wurden um bis zu 40% gesenkt, der Mindestlohn um 20% auf 525 Euro (Monatsgehalt) und das Arbeitslosengeld auf 320 Euro pro Monat. Die Arbeitslosigkeit stieg auf annähernd 30%, die Jugendarbeitslosigkeit auf 60%. Die Bevölkerung verarmt. Menschen suchen wieder in Mülltonnen nach Essbarem. Inoffiziellen Angaben zufolge verfügt fast die Hälfte der Griechen über keine Krankenversicherung mehr. Die traditionell niedrige Selbstmordrate ist fast um die Hälfte gestiegen, die Kindersterblichkeit ebenfalls.
Sehen so Sanierungserfolge aus?
Laut Angaben der EU, erhielt Griechenland während der Krise angeblich Hilfen vom Ausland in Höhe von insgesamt 380 Mrd. Euro. Dieser Betrag entspräche in etwa dem gesamten Schuldenberg, den Griechenland bis zum Ausbruch der Krise angehäuft hatte. Trotzdem sind die Schulden des Landes heute höher denn je. Was ist mit diesen Hilfsgeldern denn also nun geschehen? Wo sind die ganzen Hilfsgelder hingeflossen? Wer hat jetzt dieses Geld??
Um das zu verstehen, muss ich Ihnen zuerst einmal folgendes erklären:
Wie funktioniert das eigentlich mit den Staatsschulden?
In unserem Geldsystem kann ein Staat, der mehr Geld ausgibt als er einnimmt, dieses Geld nicht einfach drucken. Er muss sich bei einer übergeordneten Institution – z.B. der Europäischen Zentralbank (EZB) – die dieses Geld allerdings selbst aus dem Nichts schöpfen kann (deshalb auch Fiat-Money-System) – verschulden und dieses Geld dann wieder mit Zins und Zinseszins zurückzahlen, wofür der Staat und damit seine Bürger haften und bürgen. Wir sprechen deshalb oft von einem Schuldgeldsystem.
In der Regel werden diese so geschaffenen Staatsschulden eines Landes durch Staatsanleihen verbrieft, in denen Zinsen und Laufzeit festgelegt werden. Die Zentralbank übernimmt diese Staatsanleihen, hat allerdings die Möglichkeit, diese verbrieften Staatsschulden auch weiterzugeben. So stehen dann den Staatsschulden auf der anderen Seite Parteien gegenüber, die diese Schulden finanzieren, die Gläubiger. Die Schulden der Einen, sind also immer die Guthaben der Anderen. Die Zinszahlungen der Einen, immer die Zinserträge der Anderen.
Die Käufer der Staatsschulden
Die Käufer von Staatsanleihen (= Staatsschulden) – die Gläubiger – sind meist Banken, Versicherungen, Fondsgesellschaften sowie Privatpersonen, die überschüssige Gelder zinsbringend veranlagen wollen. Von den Medien werden diese meist nur mehr als die „internationalen Geldgeber“ bezeichnet. Zu Beginn der Laufzeit solcher Staatsanleihen (z.B. 10 Jahre), werden diese zu 100% von den Gläubigern übernommen, während der Laufzeit erhalten die Gläubiger jährlich die vereinbarten Zinsen (z.B. 6%) und am Ende der Laufzeit wird die Anleihe vom Staat wieder zu 100% zurückgekauft – werden die Schulden also wieder zurückbezahlt.
Während der Laufzeit kann der Wert solcher Anleihen unter Umständen jedoch auch markant schwanken. Griechenland- Anleihen sind aktuell durchschnittlich nur noch weniger als die Hälfte wert, weil die Befürchtung nahe liegt, dass diese Anleihen überhaupt nie mehr zurückbezahlt werden, wenn Griechenland in den Staatsbankrott schlittert.
Viele große Banken und Finanzinstitutionen haben nun folgendes Spiel betrieben
Sie konnten sich bei der EZB selbst Geld zu nahezu 0% Zinsen leihen, da die EZB mit billigem Geld, die europäische Wirtschaft ankurbeln wollte. Statt dieses billige Geld jedoch in Form von Krediten an die produzierende Wirtschaft weiterzugeben, haben sich die Banken damit griechische und andere Staatsanleihen gekauft und mit diesen z.B. 6% Zinsen pro Jahr verdient. Macht man das als Bank z.B. mit 8 Mrd. Euro, ergibt das einen jährlichen Gewinn von 480 Mio. Euro, ohne großen Aufwand. Das ist ein schönes Geschäft und führt zu traumhaften Gewinnen, von denen wiederum herrliche Gehälter, Bonuszahlungen und Aktionärsdividenden ausbezahlt werden können.
Sind diese Anleihen dann aber plötzlich nur mehr die Hälfte oder gar nichts mehr wert, dann sind diese 8 Mrd. ganz oder teilweise verloren und müssen in der Bilanz der Bank als Verlust verbucht und ausgewiesen werden. Beim sogenannten Schuldenschnitt passiert nichts anderes, als dass der Wert der Anleihen, der de facto sowieso nur mehr ein Bruchteil des ursprünglichen Wertes ist (z.B. 30%), nun auch offiziell auf z.B. 50% reduziert wird.
Geld ließt dabei keines, aber die Verbindlichkeit aus Anleihen und damit die Verschuldung eines Landes, reduziert sich um diesen Teil. Das ist in etwa das, was beim 1. Schuldenschnitt für griechische Anleihen gemacht wurde. Viele Banken konnten bei diesem Vorgang sogar Gewinne verbuchen, weil sie ihre Anleihen bereits auf z.B. 30% abgeschrieben hatten und sie nun wieder mit 50% bewerten konnten.
Privatisierung der Gewinne und Verstaatlichung der Verluste
Anders erging es jedoch der deutschen Hypo Real Estate Bank, die Griechische Staatsanleihen in Höhe von 8 Mrd. Euro hielt (siehe Rechenbeispiel oben), durch deren Wertverlust Milliarden verlor und 2009 deshalb nur durch Verstaatlichung vor dem Konkurs gerettet werden konnte. Die Verluste durfte dann mit großer Freude der deutsche Steuerzahler tragen. Genauso freuen sich die Österreichischen Steuerzahler heute darüber, die Verluste der Hypo Alpe Adria übernehmen zu dürfen, wo ähnliche Spiele gespielt wurden. Das ist genau das, was gemeint ist, wenn man von „Privatisierung der Gewinne und Verstaatlichung der Verluste“ spricht. Um den Konkurs weiterer Banken zu verhindern, die griechische Staatsanleihen halten, akzeptiert die EZB seit Mai 2010 griechische Staatsanleihen von solchen Banken zum vollen Wert von 100% als Sicherheit, obwohl diese aktuell viel weniger wert sind.
Um angeblich die Wirtschaft anzukurbeln ...
Auch beim aktuellen Programm der EZB, indem sie monatlich 60 Mrd. und insgesamt fast 1,2 Billionen (1.200.000.000.000,-) Euro zur Verfügung stellt, um Anleihen von Banken zurückzukaufen und um damit angeblich wiederum die Wirtschaft anzukurbeln, geht es um nichts anderes als darum, den Banken weiter die Möglichkeit zu geben, solche riskante Anleihen los zu werden. De facto werden also Banken gerettet, die Spekulation betrieben haben, (nämlich bei höherem Risiko, höhere Zinsen zu verdienen und zu hoffen, dass dieses Risiko nie schlagend wird) und die mit diesen Spekulationen jahrelang bestens verdient haben. Die Verluste darf nun die Allgemeinheit tragen – Ich, Sie, Wir.
Und diese Vorgänge werden dann unter Griechenland-Hilfen verbucht!
Anstatt der griechischen Bevölkerung oder dem griechischen Staat zu helfen, sind die Hilfspakete so vielmehr Finanzinstituten und Spekulanten zu Gute gekommen. Eine Recherche von Attac Österreich von 2013 ergab, dass aus dem Rettungsprogramm für Griechenland ca. 80% der Programmmittel direkt oder indirekt an den Finanzsektor geflossen sind.
Gibt es ein Entrinnen aus der Schuldenfalle?
Wenn alle Staaten dieser Welt ihre Schulden und Zinsen plötzlich zurückzahlen wollten, dann wäre das gar nicht möglich, weil gar nicht so viel Geld in Umlauf ist. Denn auch die Zinsen sind ja während der Laufzeit des Kredites aus dem Nichts entstanden. Und zumindest dieses Geld fehlt jetzt im System. Um es zurückzahlen zu können, müssen wieder neue Kredite aufgenommen werden und so weiter ...
In der Realität kommt es aber sowieso nie vor, dass ein Staat alle seine Schulden zurückzahlen möchte. Im Gegenteil, im Normalfall kommt immer noch was dazu. Durch eine ausgabenfreudige, verschwenderische oder korrupte Regierung, durch Krisen, Kriege, Katastrophen oder sonst etwas.
Die Schuldenspirale dreht sich und dreht sich ...
So werden die Schulden eines Landes immer höher, die Zinsen kommen immer mehr dazu, der Anteil am Schuldendienst im Staatsbudget wird immer höher, das Haushaltsdefizit steigt noch mehr an, es müssen noch mehr Kredite aufgenommen werden und die Schuldenspirale dreht und dreht sich, bis es – so wie jetzt in Griechenland – plötzlich nicht mehr weiter geht.
Früher, mit einer eigenen Zentralbank, konnte Griechenland sich vor allem bei sich selbst verschulden. Es war die griechische Zentralbank, die Geld aus dem Nichts geschöpft und Drachmen gedruckt hat. Der Wert der Drachme ist dadurch mehr und mehr gefallen.
Dies hat ebenfalls zu wirtschaftlichen und sozialen Problemen geführt, wie z.B. teureren Importen, Inflation und Wertverlusten für die Sparer. Andererseits wurden griechische Exportprodukte dadurch für andere Länder billiger und Griechenland auch als Reisedestination attraktiver. So hatte das Land die Möglichkeit, sich wieder zurück zu kämpfen.
Letztlich Enteignung von Volksvermögen
Dieser Möglichkeiten ist Griechenland durch den Anschluss an die Eurozone jetzt beraubt. Jetzt ist das Land bei „internationalen Geldgebern“ verschuldet und nicht mehr bei sich selbst, wie z.B. Japan, dessen ebenfalls exorbitant hohe Staatsverschuldung vor allem durch die eigenen Bürger finanziert wird und damit weniger Probleme bereitet.
Doch in Griechenland fordern nun die „internationalen Geldgeber“ ihren Tribut und zwingen das Land zu extremen Sparmaßnahmen, um die Schulden, die längst nicht mehr rückzahlbar sind, doch noch zu bedienen. Auch die geforderten Privatisierungen von Staatseigentum wie z.B. des Hafens von Piräus, sind nichts anderes als der Verkauf und damit die Enteignung von Volksvermögen zu außerdem noch denkbar tiefen Preisen.
„Man schafft niemals Veränderungen, indem man das Bestehende bekämpft. Um etwas zu verändern, baut man neue Modelle, die das Alte überflüssig mache.“
(Buckminster Fuller)
Und so verschiebt sich immer mehr Geld und Macht von der breiten Masse der Bevölkerung (den Einkommens schwachen und der Mittelschicht), zu den „internationalen Geldgebern“. An jene also, die bereits viel Geld haben und dieses zinsbringend anlegen können. Oder an jene, die wie die Banken billig an Geld kommen und es gewinnbringend investieren. Oder eben an jene mächtigen Eliten, die dieses System ins Leben gerufen haben und bis heute kontrollieren.
Was wir daraus lernen können Die Regierungen müssen dringend handeln, um diesen Trend umzukehren. Sie müssen gegen unrechtmäßige Steuervermeidung und Steuerlucht vorgehen und extreme Einkommens- und Vermögensungleichheiten bekämpfen. Unser Schuldgeld- und Zinssystem muss dringend hinterfragt werden, zumindest aber müssen rasch effektive Ausgleichsventile gegen soziale Ungerechtigkeit und gegen ein sich weiteres Öffnen der Vermögensschere von Arm zu Reich geschaffen werden (siehe z.B. „Bedingungsloses Grundeinkommen“ im Ja Magazin Nr. 4). Es ist dringend notwendig, dass wir uns mit dieser Situation auseinander setzen und die Zusammenhänge verstehen lernen. Nicht umsonst sagte Henry Ford schon vor rund 100 Jahren:
„Wenn die Menschen unser Banken- und Finanzsystem verstehen würden, gäbe es eine Revolution vor morgen Früh.“
Denn nur wenn wir unser Finanzsystem verstehen, können wir alternative Modelle entwickeln (wie z.B. das alternative Geldsystem Gradido – siehe Ja Magazin Nr. 5) und in demokratischen Prozessen neue Regeln und Systeme festlegen und einführen.
Das Bankensystem muss dringend reformiert und wieder an die Zügel genommen werden – z.B. durch die Einführung eines Trennbankensystems, in dem wieder zwischen kommerziellen Banken und Investmentbanken unterschieden wird. Spekulierende Investmentbanken müssen dann auch wieder problemlos in Konkurs geschickt werden können, wenn ihre Spekulationen misslingen.
Neue, ethische Banken
Die Gründung neuer, ethischer Banken wie z.B. der Bank für Gemeinwohl in Österreich, die bereit sind, neue und demokratischere Spielregeln zu beachten, ist dringend nötig, zu fördern und zu unterstützen. Die Liberalisierung der Finanzmärkte muss wieder eingedämmt werden und die Möglichkeit der Geldschöpfung der Banken massiv verringert werden. Geldschöpfung sollte wieder weitgehend in die Hände nationaler Zentralbanken gelegt werden, die unbefristeten und unverzinsten Kredit ausschließlich an die eigenen Regierungen vergeben.
Es hat sich gezeigt, dass zu hohe Schulden ab einem gewissen Punkt eine Eigendynamik entwickeln, in eine Schuldenspirale übergehen und dann schlichtweg unkontrollierbar und unfinanzierbar werden.
Fast alle Länder der Welt sind an diesem „Umkehrpunkt“
Grundsätzlich befinden sich fast alle Länder der westlichen Welt nahe oder sehr nahe an diesem Punkt. Und die nächste Krise oder der nächste Krieg, das nächste Problem oder der nächste Auslöser kann schon demnächst dazu führen, dass weitereStaaten diesen Punkt überschreiten. Griechenland ist möglicherweise erst der erste Dominostein, der fällt.
Doch wir sitzen alle im gleichen Boot
Jetzt ist es Griechenland, morgen vielleicht Spanien oder Italien, dann Frankreich und dann ganz Europa?? Was wir hier erleben, ist keine Griechenlandkrise, auch keine Wirtschaftskrise, sondern eine Krise unseres Finanzsystems, in der eben das schwächste Glied der Kette als erstes reißt. Ideen, wie wir diesen Entwicklungen entgegensteuern können, sind genügend vorhanden und ich habe in meinen bisherigen Artikeln versucht, einige davon vorzustellen. Das Wichtigste jedoch ist, dass wir das Spiel verstehen, das gespielt wird und Reformen zügig und mit Nachdruck einfordern, angehen und umsetzen.
Dafür habe ich diese Artikelreihe geschrieben und ich hoffe, sie kann einen Beitrag dazu leisten.
Wenige machen das große Geld Eine Studie von Oxfam („Working For The Few“ – www.oxfam.org) belegt, dass:
- heute bereits ein Prozent der Weltbevölkerung fast die Hälfte des Weltvermögens besitzt. In Griechenland sind es übrigens 2.000 Griechen, die die Hälfte aller griechischen Vermögen auf sich vereinen.
- die 85 reichsten Menschen dieser Welt ebenso viel besitzen, wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung (also 3,5 Milliarden Menschen) zusammen.
- in den USA die Liberalisierung der Finanzmärkte in direktem Zusammenhang mit einem enormen Vermögenszuwachs des obersten, reichsten Prozent der Bevölkerung steht.
- in Europa die Sparmaßnahmen unter großem Druck der Finanzmärkte auf dem Rücken der Einkommensschwachen und des Mittelstandes durchgesetzt werden.
- reiche Investoren von staatlichen Rettungsmaßnahmen für die Banken profitieren und generell reiche und finanzstarke Menschen in der Krise ihre Vermögen massiv ausweiten konnten, während die restliche Bevölkerung massive Einbußen hinnehmen musste.
- Einkommen sich immer mehr von Arbeitseinkommen zu arbeitsfreien Einkommen (Kapitalerträgen) verschieben.
- die wachsende soziale Ungerechtigkeit - in armen wie in reichen Ländern – die Demokratie untergräbt und wohlhabende Eliten weltweit die Politik zu ihren Gunsten beeinflussen und wirtschaftliche Spielregeln in ihrem Sinne manipulieren (ESM, ESFS, TTIP, TISA, CETA …)
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